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User Interface Accessibility: Tastatur oder Maus?

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  • User Interface Accessibility: Tastatur oder Maus?

    Hi,

    neulich unterhielt ich mich mit einem Kollegen über User Interfaces, User Experience und welche Standards wir im Projekt forcieren sollten (wir entwickeln in diesem Projekt Frontends für Datenbanken als echte Client Software, nicht als Web Interface).


    Bei dieser Diskussion stellte sich heraus, daß wir unterschiedliche Ansichten bezüglich der Priorisierung der Zugriffsmöglichkeiten haben.

    Meine Philosophie ist, daß Funktionen alle Funktionen primär über Tastatur erreichbar sein müssen und die Maus als Hilfsmittel zu sehen ist.

    Seine Philosophie ist, daß alles anklickbar sein muß und weitergehende Funktionen in Maus-Kontextmenüs versteckt werden sollten.


    Beide Positionen haben natürlich ihre Vor- und Nachteile.

    Ich strebe mehr Schaltflächen an, damit der Benutzer sofort sieht, welche Aktionen er ausführen kann und stelle weitergehende Funktionen in Menüs zur Verfügung. Zusätzlich definiere ich Tastaturkombinationen und schreibe diese an die entsprechenden Stellen, damit die Benutzer lernen die Funktionen schneller und sicherer aufzurufen. Dadurch möchte ich den gesamten Funktionsumfang über die Tastatur zugänglich machen, da die Tastatur in meinen Augen das primäre und im Notfall auch einzige Eingabeinstrument ist, das zur Verfügung steht.

    Der Kollege vertritt den Standpunkt, daß User Interfaces so schlank wie möglich gehalten sein sollten und der Benutzer sich das Interface selber über das Kontextmenü erschließen möge. Eine Tastatur sei in Zeiten von Web 2.0 und Pads eher als antiquiert hinsichtlich der Initiierung von Aktionen zu betrachten, eine Maus sei heutzutage immer zur Hand und der Wechsel zwischen Tastatur- und Mauseingaben sei kein Zeitverlust, da die Funktionalität mit der Maus viel intuitiver erreichbar sei.


    Bis zu diesem Gespräch hatte ich die feste Überzeugung, daß es unter Entwicklern unstrittige Standards bzgl der fundamentalen Anforderungen an User Interfaces gibt, da ich mich an Dokumente von IBM und Microsoft zu erinnern meine, die ganz klar spezifizierten, daß der Tastaturzugriff immer gewährleistet sein müsse und die Maus ihrem Zweck entsprechend eingesetzt werden sollte.


    Nun also die Frage an die versammelte Entwicklergemeinde: Wer irrt sich? Wo kann man das "gesichert" nachlesen?

    Danke im voraus!
    --
    Cheers Vince

  • #2
    Also erstmal würde ich mich fragen was die Zielgruppe des Programms ist. Beide Lösungen haben ihre Vor- und Nachteile, allerdings sollte man nie die Zielgruppe aus den Augen verlieren. Ausserdem kommt noch dazu für welche Plattform das ganze entwickelt wurde. Auf einer Windows Plattform Rich Client kann man heutzutage noch auf keinen auf Touch verlassen. Das kommt zwar in Zukunft ist aber wohl definitiv noch nicht der Standard.
    Tastaturzugriff sollte natürlich möglichst immer funktionieren. Wenn ihr allerdings ein Programm für Rentner schreibt die schon froh sind wenn sie eine Email verschickt bekommen, dann würde ich den Aufwand für die Tastaturkürzel nicht betreiben. Sie werden es sowieso nicht nutzen. Krasser Gegensatz dazu wäre wohl ein Tool für sehr computeraffine Menschen, die Tastaturkürzel in der Regel sehr zu schätzen wissen.
    Zum Thema Konfiguration: Das ist ja eher eine Produktentscheidung als eine wirklich Softwareentwicklerentscheidung. Ein Produkt konfigurierbar zu machen kostet Geld. Das ist defacto so. Also sollte euer Produktmanagement entscheiden wie konfigurierbar die Lösung sein soll und ob man es wirklich benötigt. Denn alles was man nicht benötigt verwirrt den Kunden erstmal.

    Ich denke hier könnte man noch ewig philosophieren, aber am Ende läufts darauf hinaus:

    Patterns ersetzen niemals das Denken!

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    • #3
      Meine Philosophie ist, daß Funktionen alle Funktionen primär über Tastatur erreichbar sein müssen und die Maus als Hilfsmittel zu sehen ist.

      Seine Philosophie ist, daß alles anklickbar sein muß und weitergehende Funktionen in Maus-Kontextmenüs versteckt werden sollten.
      Wo ist hier der Widerspruch? Solange du nicht alle deine User eindeutig dem Maus, Tastatur, Touch etc. Lager zuordnen kannst oder gezwungen bist dich für nur eine Methode zu entscheiden solltet ihr die Kombinationslösung anstreben.

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      • #4
        Business

        Originally posted by fanderlf View Post
        Also erstmal würde ich mich fragen was die Zielgruppe des Programms ist. Beide Lösungen haben ihre Vor- und Nachteile, allerdings sollte man nie die Zielgruppe aus den Augen verlieren.
        Die Zielgruppe sind Business-Anwender, also eher versierte Klientel.

        Originally posted by fanderlf View Post
        Tastaturzugriff sollte natürlich möglichst immer funktionieren. Wenn ihr allerdings ein Programm für Rentner schreibt die schon froh sind wenn sie eine Email verschickt bekommen, dann würde ich den Aufwand für die Tastaturkürzel nicht betreiben. Sie werden es sowieso nicht nutzen. Krasser Gegensatz dazu wäre wohl ein Tool für sehr computeraffine Menschen, die Tastaturkürzel in der Regel sehr zu schätzen wissen.
        Das ist auch meine Erfahrung aus vielen Seminaren: Erfahrene Computer-Benutzer sind regelrecht dankbar, wenn sie nicht mehr klicken müssen, sondern die gewünschten Aktionen schnell per Tastatur erledigen können - insbesondere die Tastschreiber.

        Ich kann daher nur schwer nachvollziehen, wie er auf die Idee kommt versierten Anwendern Funktionen nur in Maus-Kontextmenüs anzubieten - und leider fehlen mir die Argumente, Links, Dokumente oder was auch immer, um ihm ggf zeigen zu können, daß in Büroanwendungen die Tastatursteuerung kein "Nice-to-have" ist, sondern vielmehr essentieller Bestandteil einer guten User Experience ...
        --
        Cheers Vince

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        • #5
          Es gibt keinen ...

          Originally posted by Ralf Jansen View Post
          Wo ist hier der Widerspruch? Solange du nicht alle deine User eindeutig dem Maus, Tastatur, Touch etc. Lager zuordnen kannst oder gezwungen bist dich für nur eine Methode zu entscheiden solltet ihr die Kombinationslösung anstreben.
          Es gibt keinen Widerspruch: Ich plädiere ja eben gerade für eine Lösung, welche dem Benutzer die Wahlfreiheit zwischen Tastatur- und Maussteuerung läßt, während mein Kollege die Meinung vertritt, daß Tastatursteuerung "Old School" sei und es vollkommen ausreiche Funktionen in Mauskontextmenüs anzubieten.

          Und wie ich bereits in der Antwort weiter oben schrieb: Mir fehlen Referenzen, mit denen ich ihn von der Richtigkeit der "dualen Strategie" überzeugen könnte.

          Ich habe keine Bücher, keine Artikel und keine anderen Links gefunden, in denen kurz konkret sachlich und ggf wissenschaftlich fundiert darüber geschrieben wurde.
          --
          Cheers Vince

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          • #6
            Ehm braucht man für die duale Lösung denn Argumente? Man kann ja trotzdem alles so machen dass es gut mit Touch und auch gut mit Tastatur funktioniert. Wie gesagt das ist eigentlich eine Produktentscheidung. Vielleicht könnt ihr ja bei euren Kunden auch mal nachfragen und herausfinden wie viele davon die Tastatur benutzen. Generell ist es aber immer empfehlenswert Tastaturkürzel zu untersützen. Dank Command Pattern usw. lässt sich beides sogar ziemlich einfach umsetzen.
            Einfach nur mitm Kopf durch die Wand weil sich jemand das gerade einbildet ist nie wirklich gut.

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            • #7
              Kein Touch

              Originally posted by fanderlf View Post
              Ehm braucht man für die duale Lösung denn Argumente? Man kann ja trotzdem alles so machen dass es gut mit Touch und auch gut mit Tastatur funktioniert. Wie gesagt das ist eigentlich eine Produktentscheidung. Vielleicht könnt ihr ja bei euren Kunden auch mal nachfragen und herausfinden wie viele davon die Tastatur benutzen. Generell ist es aber immer empfehlenswert Tastaturkürzel zu untersützen. Dank Command Pattern usw. lässt sich beides sogar ziemlich einfach umsetzen.
              Einfach nur mitm Kopf durch die Wand weil sich jemand das gerade einbildet ist nie wirklich gut.
              Ich hab' mich wohl mißverständlich ausgedrückt.

              Wir entwickeln eine reine Büroanwendung, die nur an Geräten mit Tastatur und Maus benutzt wird - das Thema "Touch" spielt keine Rolle.

              Wir bestimmen selber die Richtlinien, nach denen die Frontends gestaltet werden.

              Alle Benutzer benutzen Tastatur und Maus.

              Die Fragestellung ist eher: Wo kann man sachlich nachlesen, daß eine Unterstützung *beider* Geräte *parallel* in jedem Fall wünschenswert ist, eine Einschränkung (hier: Funktion nur via Mauskontextmenü erreichbar) jedoch nicht hinnehmbar ist.

              Das ist mein Problem ...
              --
              Cheers Vince

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              • #8
                Es gibt dafür eine DIN-Norm. Die Nummer müsste ich bei Bedarf erst raussuchen
                Christian

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                • #9
                  Originally posted by Vince42 View Post
                  Die Fragestellung ist eher: Wo kann man sachlich nachlesen, daß eine Unterstützung *beider* Geräte *parallel* in jedem Fall wünschenswert ist, eine Einschränkung (hier: Funktion nur via Mauskontextmenü erreichbar) jedoch nicht hinnehmbar ist.
                  Das empfinde ich nicht als relevante Kategorie. Eine DIN, EN, Best Practice oder das OS Styleguide wird dir hier nur allgemeine Lösungen für allgemeine Probleme liefern. Natürlich ist beides zu haben immer wünschenswert wenn man Kosten/Nutzen Rechnungen ignoriert. Ob der eventuelle Mehraufwand, gegenüber nur eine Eingabemethode zu favorisieren, sich finanziell vor- oder nachteilig auswirkt können dir nur deine konkreten Kunden beantworten. Letztlich ist es auch egal was irgendwelche Bücher, Normen du oder einer deiner Kollegen dazu denken. Relevant sind deine Kunden. Die Kunst ist von denen verwertbare Auskünfte zu bekommen

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                  • #10
                    Genau Ralf so würde ich das auch sehen. Geht zu euren Kunden und fragt was die sich wünschen bzw. brauchen. Da kann man noch so viele Bücher und Guides lesen. Wenn es nicht das ist was der Benutzer will hat man verloren.

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                    • #11
                      Originally posted by Christian Marquardt View Post
                      Es gibt dafür eine DIN-Norm. Die Nummer müsste ich bei Bedarf erst raussuchen
                      Das wäre super! Ich hatte da schon mal vor Jahren eine DIN/ISO irgendwo gefunden - aber den Link irgendwie verbaselt ... merci!
                      --
                      Cheers Vince

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                      • #12
                        Originally posted by Ralf Jansen View Post
                        Das empfinde ich nicht als relevante Kategorie. Eine DIN, EN, Best Practice oder das OS Styleguide wird dir hier nur allgemeine Lösungen für allgemeine Probleme liefern. Natürlich ist beides zu haben immer wünschenswert wenn man Kosten/Nutzen Rechnungen ignoriert. Ob der eventuelle Mehraufwand, gegenüber nur eine Eingabemethode zu favorisieren, sich finanziell vor- oder nachteilig auswirkt können dir nur deine konkreten Kunden beantworten. Letztlich ist es auch egal was irgendwelche Bücher, Normen du oder einer deiner Kollegen dazu denken. Relevant sind deine Kunden. Die Kunst ist von denen verwertbare Auskünfte zu bekommen
                        Das Problem ist uns wohlbekannt. Die Benutzer haben keinerlei Präferenzen, dh sie finden alles toll. Wenn Du ihnen zeigst, wie man mit der Maus was verschieben kann, finden sie es toll. Wenn Du ihnen zeigst, wie sie die Bearbeitungszeiten beschleunigen können, indem sie ein paar Tasten drücken, finden sie es toll. Wenn Du eine Aktion als Button anbietest, finden sie es toll. Wenn Du die Aktion im Mausmenü versteckst, finden sie es toll.

                        Auf Grund dieser - zudem noch sehr heterogenen - Benutzergruppe sind wir über das Stadium, was der Kunde wünscht, schon längst hinaus. Wir versuchen einvernehmlich den Benutzern eine möglichst einheitliche und sinnvolle User Experience zu bieten und das verlangt wiederum Standards, an die sich alle Entwickler halten.

                        Diese Standards erarbeiten wir gemeinsam und versuchen sie dann alle möglichst vollumfänglich zu befolgen.

                        So gesehen ist es tatsächlich ein "allgemeines Problem" - und da gibt es, wenn man vor solche fundamentalen Fragen der Benutzerschnittstelle gestellt wird, nur die Option fundamentale Fragen mit fundamentalen Dokumenten zu beantworten.
                        --
                        Cheers Vince

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                        • #13
                          Originally posted by fanderlf View Post
                          Genau Ralf so würde ich das auch sehen. Geht zu euren Kunden und fragt was die sich wünschen bzw. brauchen. Da kann man noch so viele Bücher und Guides lesen. Wenn es nicht das ist was der Benutzer will hat man verloren.
                          ... und wenn es dem Benutzer egal ist bzw er alles toll findet, sollte man sich wenigstens unter den Entwicklern einig sein, wie die Benutzerschnittstellen aussehen sollten, damit der Kunde wenigstens das Gefühl eines homogenen Systems bekommt, genau.
                          --
                          Cheers Vince

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                          • #14
                            Originally posted by Vince42 View Post
                            Das Problem ist uns wohlbekannt. Die Benutzer haben keinerlei Präferenzen, dh sie finden alles toll. Wenn Du ihnen zeigst, wie man mit der Maus was verschieben kann, finden sie es toll. Wenn Du ihnen zeigst, wie sie die Bearbeitungszeiten beschleunigen können, indem sie ein paar Tasten drücken, finden sie es toll. Wenn Du eine Aktion als Button anbietest, finden sie es toll. Wenn Du die Aktion im Mausmenü versteckst, finden sie es toll.
                            Ja das meine ich mit 'Die Kunst ist von denen verwertbare Auskünfte zu bekommen'

                            Wenn die Kunden nicht hilfreich sind dann wäre der nächste Ansprechpartner der Support. Habt ihr explizite Leute die Kundensupport machen? Die haben üblicherweise die Erfahrung eure Kunden zu verstehen und zwischen den Zeilen zu lesen auch wenn die alles Super finden Dann würde ich die Fragen. Ich misstraue Softwareentwicklern (inklusive mir selbst) geeignete gute UIs im Sinne der Benutzer zu definieren. Mann misst die UI zu leicht an denn eigenen Anforderungen und wir funktionieren meist ein wenig anders als der durchschnittliche Benutzer oder lassen uns zu leicht dazu verführen die einfachst zu erstellende UI für die geeignetste zu halten. Oder wir theoretisieren bzw. zitieren die Godfathers of IT (Brooks, Knuth, Martin, Spoelsky etc.) um irgendwas was weder eindeutig richtig noch falsch ist als richtig zu definieren.

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                            • #15
                              Originally posted by Ralf Jansen View Post
                              Ja das meine ich mit 'Die Kunst ist von denen verwertbare Auskünfte zu bekommen'

                              Wenn die Kunden nicht hilfreich sind dann wäre der nächste Ansprechpartner der Support. Habt ihr explizite Leute die Kundensupport machen? Die haben üblicherweise die Erfahrung eure Kunden zu verstehen und zwischen den Zeilen zu lesen auch wenn die alles Super finden Dann würde ich die Fragen. Ich misstraue Softwareentwicklern (inklusive mir selbst) geeignete gute UIs im Sinne der Benutzer zu definieren. Mann misst die UI zu leicht an denn eigenen Anforderungen und wir funktionieren meist ein wenig anders als der durchschnittliche Benutzer oder lassen uns zu leicht dazu verführen die einfachst zu erstellende UI für die geeignetste zu halten. Oder wir theoretisieren bzw. zitieren die Godfathers of IT (Brooks, Knuth, Martin, Spoelsky etc.) um irgendwas was weder eindeutig richtig noch falsch ist als richtig zu definieren.
                              Wir sind in diesem Projekt alles in Personalunion - daher ringe ich ja um eine "neutrale offizielle Grundlage", auf der wir unsere Standards definieren können.

                              Ich denke auch, daß Softwareentwickler keine GUI-Spezialisten sind. Hier geht's quasi darum die Ergebnisse des Requirements Engineering zunächst mal in eine standardisierte Form zu bringen - und dafür brauchen wir unsere Standards. Andernfalls - wie es aktuell zT ist - würde jeder nach seinem eigenen Gusto ein GUI basteln und dann hätten wir keine UX, sondern weiterhin völligen Wildwuchs.

                              Der erste Ansatz muß jetzt wohl leider der sein eine ISO/DIN heranzuziehen und zumindest solche Extreme wie "Der Benutzer muß die Maus benutzen - anders geht's halt nicht." auszumerzen. :/
                              --
                              Cheers Vince

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